Debatte, Diskussion und Dialog

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William Isaacs erklärt in seinem Buch „Dialog als Kunst gemeinsam zu denken“ [1] die Qualitäten von Debatte, Diskussion und Dialog. Er beschreibt damit auch den Unterschied zwischen den verschiedenen Gesprächsformen.

Dialog = gemeinsam Denken = gemeinsam Gestalten

Die Unterschiede zwischen Debatte, Diskussion und Dialog

Bei der Debatte (franz. débattre: (nieder-)schlagen) geht es darum, den anderen mit den eigenen Argumenten zu schlagen. Wenn X richtig ist, dann muss Y falsch sein. Isaacs bezeichnet die Debatte auch als unproduktive Diskussion. Ziel ist es, sich durchzusetzen, zu gewinnen. Unsere Aufmerksamkeit liegt darin, vorgefertigte Standpunkte und eigene Überzeugungen abzurufen (downlaoding), um sie möglichst schlagkräftig vorzubringen.

Diskussion bedeutet wörtlich „in Stücke schlagen“ (lat. discutere). In einer produktiven Diskussion findet ein Abgleich von verschiedenen Standpunkten statt. Fakten werden ausgetauscht und die Diskussionspartner versuchen, sich in den jeweils anderen hinein zu versetzen. Das kann im Hin und Her zwischen den Standpunkten zu einem produktiven Widerstreit werden. Wenn es gut läuft, wird nach einer fundierten Problemanalyse eine faktenbasierte Lösung gefunden. In einer Diskussion liegt unsere Aufmerksamkeit auf dem Faktischen. Uns ist nur ein bestimmter Ausschnitt der Wirklichkeit zugänglich. So wie mehrere Personen mit verbundenen Augen verschiedene Eindrücke von einem Elefanten erlangen – abhängig davon, ob sie ihn am Rüssel, am Ohr oder am Schwanz berühren. Mit dieser faktischen Wahrnehmung bleibt uns der Blick auf den Elefanten als Ganzes verwehrt.

In Debatte und Diskussion bleiben die Akteure mehr oder weniger in ihrer Gedankenwelt gefangen. Sie schaffen es nicht, ihr Wissen neu zu ordnen und gemeinsam Neues zu entwickeln. Isoliertes Streben nach Positionen und Verteidigen der eigenen Grenzen fördern ein einsames Denken.

Vom Schlagabtausch zum kollektiven Bedeutungsfluss

Dialog bedeutet „Wir denken zusammen.“ Das Wort Dialog stammt aus dem Griechischen dia („durch“) und logos („Wort“ und „Sinn“). In der ältesten Bedeutung hieß logos auch „sich versammeln“. Ein Dialog ist also frei übersetzt ein Bedeutungsfluss unter Versammelten.

Im Dialog geht es nicht mehr um die eigene Position, sondern um ein gemeinsames Zentrum. Es sollen neue Möglichkeiten erkannt werden: Das Wissen der Dialogpartner wird neu geordnet. Neue Einsichten werden gewonnen. Die Wahrnehmung wechselt vom faktischen Modus zu einem empathischen oder gar schöpferischen Modus. Dialog basiert nach Isaacs auf einem Denken, das den ganzen Menschen mitsamt seiner Emotionen, seinem Körpergefühl, seinen Vorstellungen und seinen Charakter- und Wesenseigenschaften einbezieht.

Dialog hilft, die Gleichwertigkeit zu wahren. Es ist genug Platz für unterschiedliche Grundannahmen und Meinungen. Es geht nicht um bewerten, es geht um den Austausch. Die Grenzen der eigenen Wahrnehmung werden gesprengt. Dialog schafft einen gemeinsamen Bedeutungsraum, aus dem heraus Neues entstehen kann. Es wird ein generativer (schöpferischer) Raum geschaffen. Damit wird klar, welche wesentliche Rolle ein echter Dialog für lernfähige und zukunftsorientierte Unternehmen hat.

Entwicklung des Gesprächs: von der Debatte zum Dialog

Abbildung 3: Entwicklung des Gesprächs: von der Debatte zum Dialog (Quelle: Schallhart 2018 inspiriert von Bernhard Frischmann, William Isaacs und C. Otto Scharmer)

 


Zum Weiterlesen

Literatur

[1] Isaacs, William (2011): Dialog als Kunst gemeinsam zu denken: Die neue Kommunikationskultur in Organisationen“, EHP – Verlag Andreas Kohlhage, 2. Auflage