Vom Business Model zum Impact Model – mit der Donut-Ökonomie

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Mit wirtschaftlichem Handeln einen Unterschied machen: Mit der Donut-Ökonomie wird der Fokus unserer Aufmerksamkeit auf die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen unserer unternehmerischen Aktivitäten gelenkt. Die Denkmodelle des Donut und der Integral-Nachhaltigen Unternehmensentwicklung (INU) helfen bei der Transformation von Geschäftsmodellen: aus einem Business Model wird ein Impact Model.

Im vorigen Jahrhundert wurde die Wirtschaft auf mechanischen Grundsätzen aufgebaut. Diese Sichtweise ist inzwischen für gute unternehmerische Entscheidungen zu einseitig und wird unserer komplexen Welt nicht mehr gerecht.

Denkmodell Donut für eine nachhaltige Zukunft

Die Donut-Ökonomie betrachtet nicht nur die Marktmechanismen mit ihren Finanzströmen, sondern sie weitet den Blick auf eine ganzheitliche Sicht unseres Planeten und unserer Gesellschaft mit allen ihren Energie- und Materialströmen und deren komplexen Verflechtungen. Sie zeichnet auch ein anderes Menschenbild. Dabei geht sie nicht von einem vereinfachten Bild eines stets rational handelnden homo oeconomicus aus, sondern von einem sozialen Wesen, das mit den anderen Menschen und der Natur verbunden ist. In der Donut-Ökonomie ist Platz für echte Humans, die sich nicht immer konsistent und logisch verhalten, sondern auch einmal aus dem Bauchgefühl heraus reagieren.

Abbildung: Der Donut von Kate Raworth: Wirtschafts- und Lebensraum zwischen planetaren und sozialen Grenzen (Quelle: doughnuteconomics.org, adaptiert von Annemarie Schallhart)

Der Donut beschreibt einen Raum für wirtschaftliches Handeln als sicheren und gerechten Lebensraum zwischen planetaren und sozialen Grenzen. Ein Wirtschaften, das ein gutes Leben für alle Menschen sichert und den Planeten nicht zerstört, erfordert die Einhaltung dieser Grenzen. Die Übernutzung der natürlichen Ressourcen wird vermieden und die soziale Versorgung wird sichergestellt.

Donut-Ökonomie und Integral-Nachhaltige Unternehmensentwicklung (INU)

Was bedeutet es, wenn wir „Donut-gerechtes“ Wirtschaften anstreben? Wo steht derzeit unsere Unternehmenswelt? Wo kann angesetzt werden? Mithilfe des INU-Modells für Integral-Nachhaltige Unternehmensentwicklung können Antworten auf diese Fragen gegeben werden.

Die Entwicklung von strategischen Unternehmen (orange) hin zu (grünen) netzwerkenden und (gelben) generativen Unternehmen zeigt wie die Umsetzung der Donut-Ökonomie schrittweise erfolgen kann. Im Folgenden wird dies anhand von drei verschiedenen Geschäftsmodellen veranschaulicht. Dabei wird ein Wandel vom reinen Business Model zum Impact Model vollzogen.

Geschäftsmodell „make money“ & Donut-Ökonomie

Dieses Business Model folgt dem Paradigma der Gewinnoptimierung. Was den finanziellen Zielen (dem shareholder value) dient, wird strategisch verfolgt. Grüne Produkte werden nur dann angeboten, wenn sie von den Kunden nachgefragt werden und Gewinn versprechen. Nachhaltigkeitsreporting wird gemacht, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist oder der Kommunikationsstrategie dient. Das Unternehmen ist eine Maschine, die Profit abwerfen muss. Dieses mechanistische Unternehmensverständnis bringt Geschäftsmodelle hervor, die soziale und ökologische Grenzen unseres Planeten überschreiten.

Donut-Ökonomie und Strategisches Unternehmen nach dem INU-Modell für Integral-Nachhaltige Unternehmensentwicklung

Abbildung: Strategisches Unternehmen lt. INU-Modell mit primärem Fokus auf Gewinnoptimierung überschreitet planetare und soziale Grenzen (Quelle: doughnuteconomics.org, adaptiert von Annemarie Schallhart)

Langfristig gibt es in solchen Unternehmen eine Reihe von Problemen. Da das Erwirtschaften von Gewinnen das oberste Ziel ist, wird die ganze Aufmerksamkeit auf finanziell-wirtschaftliche Kriterien gelenkt und alle Entscheidungen werden danach ausgerichtet. Mit diesen Entscheidungen wird kein Unterschied gemacht, ob sie im Sinne der Donut-Ökonomie für das Wohlbefinden unseres Planeten und der Menschen eine gute oder schlechte Wirkung haben. Doch angesichts der Krisen in unserer Welt wird es immer schwieriger, die ökologisch-sozialen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auszublenden.

Geschäftsmodell „make money“ in a Nutshell:

  • Unternehmen als Maschine
  • Mechanistisches Denken über Zusammenhänge
  • Grüne Produkte und Nachhaltigkeitskommunikation dienen dem Gewinn.

Langfristig ist das ein Geschäftsmodell für eine NICHT lebensfähige und UNgerechte Welt.

Green Deal der EU richtet den Fokus auf nichtfinanzielle Indikatoren

Mit dem Green Deal müssen künftig auch nichtfinanzielle Indikatoren berichtet werden. So rücken die externen Effekte von Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Die neuen EU-Verordnungen schaffen die Basis für eine neue nachhaltige unternehmerische Ausrichtung. „Denn wenn man andere Elemente misst, dann ist dort die Aufmerksamkeit und man entscheidet anders. Langzeitdenken wird gefördert.“ sagt Ha Vinh Tho [1], der ehemalige Leiter des Zentrums für Bruttonationalglück in Bhutan und Gründer des Eurasia Learning Institute For Happiness and Wellbeing (ELIHW) in der Schweiz, der auch mit vielen Unternehmen zusammengearbeitet hat. Durch das verstärkte Messen von nachhaltigen Wirtschaftsindikatoren wird also etwas in Bewegung geraten. Es wird nicht mehr möglich sein, soziale und ökologische Kosten ungestraft auf die Volkswirtschaften und Umwelt einfach auszulagern. Unternehmen werden immer mehr darauf achten, ihren negativen sozialen und ökologischen Fußabdruck auf dieser Erde zu verkleinern. Durch die neue Transparenz kommen Unternehmen immer stärker in Zugzwang, ihre Strategien zu hinterfragen. Schädigung von Gesundheit, Förderung von Armut, Inkaufnehmen von Artensterben etc. werden sichtbar und nicht mehr geduldet werden.

Nachhaltigkeitsmanagement wird zum Wirkungsmanagement. Wesentliche Wirkungen auf Gesellschaft und Umwelt müssen gemessen und gemanagt werden. Es geht dabei auch darum, unvorhergesehene negative Effekte zu entdecken und dazu Maßnahmen zu entwickeln, um diese schädlichen Wirkungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Aus einem ausgelagerten Nachsorgeprinzip wird ein internalisiertes Vorsorgeprinzip. Wirtschaft ist damit kein Gegensatz zur Gesellschaft und zur Natur mehr. Wirtschaft wird zu einem fürsorglichen Akteur in dieser Welt, der um die Gesundheit unseres Planeten bemüht ist und schädigendes Verhalten vermeiden will.

Geschäftsmodell „do no harm“ & Donut-Ökonomie

Damit wird das Wirtschaftsparadigma der reinen Gewinnoptimierung umgeschrieben. Es geht nicht mehr nur darum, gut zu verdienen, sondern darum, Verantwortung für die Auswirkungen des unternehmerischen Handelns zu übernehmen. Aus einer inneren Überzeugung heraus wird eingestanden für eine gerechte und langfristig lebensfähige Welt. Verteilungs- und Umweltfragen stellen sich ganz neu. Gewinnorientierung wird zur Werteorientierung. Aus egozentriertem Konkurrenzdenken wird eine systemische Sichtweise, die Netzwerk- und Kreislaufdenken fördert. Über faire Liefergemeinschaften und regionale Wirtschaftskreise werden auch firmenübergreifende Kooperationen gebildet. Über Umwelt- und Energiebilanzen wird für den gesamten Life Cycle von Produkten Verantwortung übernommen. Schon beim Design wird der ganze Produktlebenszeitraum betrachtet und überlegt, wie Langlebigkeit und die Wiedereingliederung in den Produktkreislauf gelingen kann.

Menschen in solchen netzwerkenden Unternehmen stellen Fairness untereinander und die Verbindung mit der Weltengemeinschaft in das Zentrum ihrer Entscheidungen. Es entwickelt sich eine neue kooperative Unternehmenskultur und ein neues teamorientiertes Führungsverständnis.

Donut-Ökonomie und Netzwerkendes Unternehmen nach dem INU-Modell für Integral-Nachhaltige Unternehmensentwicklung

Abbildung: Netzwerkendes Unternehmen lt. INU-Modell mit primärem Fokus auf verantwortliches Wirtschaften respektiert planetare und soziale Grenzen (Quelle: doughnuteconomics.org, adaptiert von Annemarie Schallhart)

Grundlegende Haltungen und Strategien von unternehmerischem Handeln verändern sich. Aus ausbeuterischen Geschäftsmodellen werden verantwortungsvolle Geschäftsmodelle nach den ESG-Kriterien [2]. Über eine ernsthaft nachhaltige Unternehmensführung sind Steuerungs- und Kontrollprozesse an nachhaltige Werte gebunden, sodass soziale und ökologische Grenzen respektiert werden. Mit den Worten des Green Deal ausgedrückt: das Wirtschaften folgt dem do no harm Grundsatz „Verursache keine Schäden“.

Geschäftsmodell „do no harm“ in a Nutshell:

  • Unternehmen als Gemeinschaft
  • Systemische Sichtweise
  • Alle Produkte und Dienstleistungen werden ökologisch und sozial fair hergestellt.

Das ist ein Geschäftsmodell für eine lebensfähige und gerechte Welt.

Vom Business Model zum Impact Model mit positiven Wirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

Mit dem Geschäftsmodell „do no harm“ in Anlehnung an die ESG-Kriterien wird schon viel bewegt. Aber es geht noch besser. Denn auch wenn die ESG-Kriterien etabliert sind, stellt sich immer noch die Frage, ob das im Hinblick auf Impact ausreichend ist.

Geldgeber machen Investments immer öfter von einem signifikanten positiven Impact auf Umwelt und Gesellschaft abhängig. Im Wirkungsmanagement lässt sich bereits ein Trend zu „do good“ beobachten. Das erfordert eine klare Ausrichtung auf einen gemeinwohlstiftenden Unternehmenszweck. Das Business Model „do no harm“ ist dafür eine gute Grundlage, aber nicht ausreichend. In einem Geschäftsmodell „do good“ sind Unternehmen dazu aufgerufen, ihr Kerngeschäft kritisch zu hinterfragen und herauszufinden, welches Potenzial vorhanden ist, um positive Wirkung zu entfalten.

Das Unternehmen verschreibt sich dem Auftrag, die Gesundheit von uns Menschen und unseres Planeten zu fördern. Das Kerngeschäft wird darauf ausgerichtet, die Beziehungen untereinander und die Lebensqualität global zu verbessern. Für die Ökosysteme an Land und im Wasser soll ein positiver Impact erzielt werden. Beispiele: Statt eines Null-Energie-Hauses bauen wir ein Energie-Plus-Haus. Zusätzlich zur Pflege helfen wir vor allem durch präventive Maßnahmen.

Das unternehmerische Handeln wird in den Dienst eines höheren Zieles gestellt, das intrinsisch motiviert und einen Nutzen außerhalb des Unternehmens stiftet. Die Wirtschaft ist eingebettet in Gesellschaft und Natur und leistet einen wertvollen Beitrag im Netzwerk des Lebens.

Impact Model „do good“ & Donut-Ökonomie

Mit „do good“ wird das gesamte Geschäftsmodell auf seine Sinnhaftigkeit geprüft und auf einen Purpose ausgerichtet, der den Zustand unserer Welt wirklich verbessert und für uns Menschen ein mehr an Lebensfähigkeit und Lebensfreude liefert. Sinnorientierung und Ganzheitlichkeit stehen im Vordergrund. Die Weiterentwicklung der Gesellschaft und der Welt wird zum unternehmerischen Wirkungsfeld.

Die Entfaltung der Natur und deren Gesetzmäßigkeiten dienen als Vorbild. So wie in der Natur jede Zelle und jedes Organ einen wichtigen Beitrag zum Ganzen liefert, so arbeiten auch die einzelnen Zellen und Organe des Unternehmenskörpers gut abgestimmt und doch selbständig zusammen.

Orientierung für strategische Entscheidungen gibt eine gemeinsame Vision, der sich die Menschen im Unternehmen verbunden fühlen und für deren Umsetzung sie sich mit ihren Fähigkeiten und Kompetenzen einbringen. Menschen in solchen Unternehmen entwickeln innovative und regenerative Lösungen für ein glückliches Leben. Ein Wirtschaften in Harmonie mit sich selbst, den anderen Menschen und dem Planeten wird möglich.

Donut-Ökonomie und Generatives Unternehmen nach dem INU-Modell für Integral-Nachhaltige Unternehmensentwicklung

Abbildung: Generatives Unternehmen lt. INU-Modell mit primärem Fokus auf ganzheitlichen Mehrwert generiert planetare und soziale Ressourcen (Quelle: doughnuteconomics.org, adaptiert von Annemarie Schallhart)

Wachstum wird nicht zwingend angestrebt, sondern nur dann, wenn es der Gesellschafts- und Weltverbesserung laut Unternehmensvision dienlich ist. Die sozialen und planetaren Grenzen werden nicht bis zum Anschlag ausgereizt. Im Gegenteil: es werden Ressourcen geschaffen. Beispielsweise durch einen aktiven Beitrag zur Renaturierung von Land, durch die Inklusion von benachteiligten Menschen oder durch den Aufbau von internen und externen Bildungsnetzwerken.

Mit dem Motto „Tue Gutes“ wird das Geschäftsmodell zum Impact Model. Effizienzmaßnahmen und Verminderung der Schadschöpfung sind zu wenig. Nicht mehr das Business sondern der Impact ist das vorrangige Ziel der Geschäftstätigkeit.

Impact Model „do good“ in a Nutshell:

  • Unternehmen als Ökosystem
  • Ganzheitliche Sichtweise
  • Unternehmenstätigkeit liefert einen Mehrwert für Menschen und Planet.

Das ist ein Geschäftsmodell für eine lebensfähige, gerechte und glückliche Welt.

Fazit – Verpassen wir nicht den Kodak-Moment

Obwohl der junge Kodak-Ingenieur Steve Sasson die Digitalkamera erfand, konnte sich Kodak eine Welt ohne Filmrollen nicht vorstellen und schlitterte in die Insolvenz. Kodak scheiterte nicht an der Technik, Kodak scheiterte an der Vorstellung von digitaler Fotografie und folglich an der Umstellung seines Geschäftsmodells.

Unsere Welt ist im Umbruch. Pandemie, Klimakrise und jetzt sogar Krieg. Setzen wir trotz allem unsere Vorstellungskraft für eine lebensfähige, gerechte und glückliche Welt ein. Nutzen wir die vielen neuen Technologien und entwickeln wir damit kreative Geschäftsmodelle, die wir in den Dienst einer besseren Welt stellen.

Wie damit starten?

Haben Sie Lust, einmal strukturiert darauf zu schauen, wo Ihr Unternehmen auf diesem Weg zu neuen Wirkungsfeldern und zu einem Impact Model steht und was die nächsten Schritte sein könnten?

Dann melden Sie sich doch für ein unverbindliches Gespräch. Ich freue mich auf Sie.

+43 650 366 2693 oder annemarie.schallhart@schallhart.com

 


Endnoten

[1] Interview im Rahmen des Pioneers of Change Online Summit 2022

[2] ESG-Kriterien: „E“ steht für Environment (Umweltverschmutzung oder -gefährdung, Treibhausgasemissionen, Energieeffizienz, Ressourcenknappheit), „S“ steht für Soziales (Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, angemessene Entlohnung, Diversity, gesellschaftliches Engagement, Ernährungssicherheit) „G“ steht für Governance (nachhaltige Unternehmensführung, Risiko- und Reputationsmanagement, Transparenz, Compliance, Korruption)